Wer wir sind ?

Regionalgruppe „Blühendes Ländchen“

 

Wir – das sind ca. 35 Menschen – die sich am 7.März 2019 in Wolsier als neue Regionalgruppe gegründet haben, leben in mehreren kleinen Dörfern zwischen (und in) Rathenow und Neustadt/Dosse 100 km westlich von Berlin im Naturpark Westhavelland. Das Land war bis zu der beginnenden Entwässerung zu Beginn des 18. Jahrhunderts und seine gezielte Besiedlung durch u.a. niederländische „Kolonisten“ eine riesige Niedermoorlandschaft. Die herausragenden höher gelegenen Landinseln heißen bis heute „Ländchen“ und „Horste“ und wir befinden uns im „Ländchen Rhinow“ – deshalb hat unsere Gruppe den o.g. Namen gewählt. Gleichzeitig befinden wir uns in „Friedrichs Streusandbüchse“, in einer fast unfruchtbar gewordenen, sehr sandigen,  ausgeräumten Agrarlandschaft, die trotz der Hitze und Trockenheit der letzten Jahre von Gräben und Deichen durchzogen ist. Riesige Ackerschläge von 100 ha und mehr liegen zwischen den Dörfern und werden größtenteils von Agrargenossenschaften bewirtschaftet, deren Flächenbesitz zwischen 1500 und 4500 ha liegt. Die Menschen in den Dörfern wohnen seit mehreren Generationen hier, sind als Flüchtlinge nach dem Krieg hier hängengeblieben oder sind wie viele von uns, in den letzten 20 Jahren aus Berlin und von anderswo gezielt auf’s Land gezogen. Auch bei uns sind die Wegränder und Feldraine verschwunden, werden öffentliche Flächen und Gärten steril gemäht und im Naturpark führt die mehrmalige Silagemahd und der hohe Einsatz von Pestiziden ringsum zu einem drastischen Schwund an Pflanzen und Tieren. Wie überall in Deutschland. Als Menschen, die in der DDR groß geworden sind, kennen wir noch die üppig blühenden Straßenränder und Wegraine,  die bis zur Wende wachsen durften, weil die Mangelwirtschaft ein flächendeckendes sinnentleertes Mähen oder den Rundumeinsatz von Pestiziden nicht erlaubte und weil die Menschen sich von den selbstangebauten Gemüsen und Früchten und von der privaten Kleintierhaltung ernähren mussten. Das hat sich in den letzten 30 Jahren drastisch verändert. In unserer Gruppe sind wir Menschen aus Ost und West und wollen unsere Orte wieder zum Blühen bringen, ebenso die Straßenränder zwischen den Dörfern. Dabei müssen wir Pionierarbeit leisten, was sowohl den Blick auf die Mitwelt, das Dorfleben als auch die Vorstellung von demokratischen Spielregeln betrifft. In Brandenburg planen die Naturschutzverbände ein Volksbegehren wie in Bayern. In den Medien werden vom Bauernbund regelrechte Fronten inszeniert – Naturschützer werden als Ökoterroristen beschimpft, die jüngste Verlautbarung im regionalen „Wochenspiegel“ spricht von der „größten Agrarlüge seit BSE“. Wir wussten, dass es nicht einfach wird in einem System, „das sich zu Tode siegt“. Es ist erstaunlich, was so etwas Schönes und Friedvolles wie Blumen, Blüten, Schmetterlinge und Co. auslösen kann, sowohl hinsichtlich des Bedürfnisses, selbst etwas Sinnvolles zu tun, als auch hinsichtlich der Ängste vor und Blockierung von jeglicher Veränderung. Alle Themen, für die es in der Gesellschaft keine Gesprächsebenen gibt, kommen mit den Blumen auf den Tisch. Es ist eine Einübung in Mitmenschlichkeit, Mitgeschöpflichkeit, Vertrauen, gegenseitige Unterstützung, in die Artikulation von gemeinsamer Empörung und Trauer und  die gemeinsame Erarbeitung von Handlungsstrategien und selbstlosem verantwortlichem Tun für eine vielfältige, bunte, lebendige Welt. Letztlich zielt alles Bemühen dahin, die Menschen zu berühren und zu mehr Menschlichkeit im grundlegenden Sinn zu verlocken.

 

Christina Wolff, Wolsier